Fordern - wie geht das?

23

Ehrgeiz und Anstrengungsbereitschaft wecken

In der heutigen Bildungslandschaft hat sich die Rolle der Lehrkraft grundlegend gewandelt. Statt als strenge Autoritätsperson werden Lehrkräfte zunehmend als Mentoren, Coaches und Lernbegleiter*innen wahrgenommen. Dieses neue Selbstverständnis bringt Chancen mit sich, stellt Lehrkräfte aber genau an den Stellen vor Herausforderungen, an denen Schule in ihrer Selektionsfunktion auftritt. Obgleich die Berücksichtigung individueller Bedarfe für alle Schulformen vorgesehen ist, erfahren Schüler*innen, die den standardisierten Anforderungen nicht gerecht werden, Misserfolge und Enttäuschungen.

Um das Potential aller Lernenden zu entfalten, reicht es nicht, den Blick auf Förderbedarfe zu richten. Vielmehr sollten alle Schüler*innen auch durch angemessene Herausforderungen lernen, die eigenen Fähigkeiten zu erproben. Diese Balance aus gezielter Unterstützung und stimulierenden Anforderungen schafft ein abwechslungsreiches Lernumfeld, in dem alle Beteiligten sich weiterentwickeln können. Fordern meint dabei also nicht strafen oder Zusatzarbeit. Vielmehr geht es darum, das strukturelle und situative Leistungsvermögen einer Person sachlich und faktengestützt zu diagnostizieren und auf dieser Basis zu definieren, was man mit Fug und Recht aktuell von ihr erwarten kann.

Dabei spielen heutzutage nicht selten Aspekte eine Rolle, die ganz außerhalb des Einflussbereiches der Schule liegen: Welche Sprachkompetenzen kann ich von einem Kind erwarten, das im familiären Kontext wenig oder gar kein Deutsch spricht? Welche Lernbereitschaft kann ich von Schüler*innen erwarten, die geschlechtsspezifische Zuschreibungen von Fächern verinnerlicht haben? Wie viel Toleranz und Friedfertigkeit kann ein Kind zeigen, dessen Eltern autoritäre Charaktere oder Anhänger*innen einer illiberalen Ideologie sind? Welche Lesekompetenz soll ich von einem Kind verlangen, das zuhause keine Bücher vorfindet und dem niemals etwas vorgelesen wird?

So unterschiedlich die geschilderten Situationen sind, so ähnlich ist doch die zugrunde liegende pädagogische Problematik. In dieser Fortbildung werden konkrete Konfliktsituationen aus dem schulischen Alltag behandelt, in denen das Fordern zu einem Problem werden kann, und Wege zu einer humanen Lösung aufgezeigt. Nicht zuletzt geht es dabei um die Frage, wie man eine Anforderung so ausformuliert und vermittelt, dass daraus weder eine Unter- noch eine Überforderung resultiert.

  • Selbstbild und beruflich-gesellschaftliche Funktion
  • kulturelle, soziologische und psychologische Aspekte
  • Diagnose des strukturellen und situativen Leistungsvermögens
  • Ausformulierung und Transparentmachung von Anforderungen

Download Infoblatt